Experten-Interview
Praxisorientiertere Audits im Bahn-Umfeld: Überarbeiteter IRIS-Fragebogen
Der International Railway Industry Standard (IRIS) regelt die Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme von Bahnherstellern und deren Zulieferern. Aktuell wird der Fragenkatalog, der bei der IRIS-Zertifizierung zum Einsatz kommt, vom Verband der europäischen Bahnindustrie UNIFE überarbeitet.
TÜV SÜD-Experte Alexander Rathiens (Co-Auditor IRIS, TÜV SÜD Management Service GmbH) steht Rede und Antwort.
Herr Rathiens, wer ist an der Überarbeitung des IRIS-Fragebogens beteiligt?
Die internationalen Bahn- und Zugbetreiber sowie Hersteller, darunter die Deutsche Bahn, Siemens, Ansalso Breda, Faiveley, Alstom, SNCF, Bombardier Transportation, Metro Barcelona und Voith. In drei Workshops – der letzte davon hat bei der Knorr Bremse AG in München stattgefunden – wurden die Verbesserungsvorschläge für den Fragebogen geprüft und umgesetzt. Die finale Fassung der UNIFE ist zum Ende dieses Quartals zu erwarten.
Was wurde konkret überarbeitet?
Der Standard hat sich generell nicht verändert. Seine Anforderungen wurden allerdings in das sogenannte Assessment Sheet übertragen, das den bisherigen Fragebogen ersetzt. Das heißt, die Anforderungen sind jetzt nicht mehr als Fragen verklausuliert, sondern kommen direkt zum Ausdruck. In der noch nicht finalen Version, die der TÜV SÜD Management Service vorliegt, sind von den circa 300 Fragen zwölf – insbesondere Dopplungen – komplett weggefallen, und acht weitere wurden von offenen zu geschlossenen umformuliert (Ja/Nein-Fragen). Dabei stehen jetzt produktionsrelevante Themen etwas mehr im Fokus, auch wenn im Audit natürlich alle Anforderungen gleichwertig betrachtet werden müssen.
Die Formulierung der Normforderungen als Fragen hat in der Vergangenheit mehr Interpretationsspielraum zugelassen. Das neu eingeführte Assessment Sheet spiegelt die Muss-Anforderungen des IRIS daher klarer wider.
Was ist besser geworden?
Die Überarbeitung des fünfstufigen Maturity-Level-Systems zur Prozessbewertung gibt einen stärker praxisorientierten Bewertungsspielraum. Somit kann der Auditor aufgrund seiner Beobachtungen vor Ort entscheiden, ob beispielsweise ein Fehler systemischer Natur ist, oder eher ein Einzelfehler vorliegt. Das bedeutet, der Auditor kann die IRIS-Forderungen nun besser auf die Situation beim Kunden anwenden und interpretieren.
Wird der Zertifizierungsprozess jetzt also einfacher?
Einfacher nicht, da sich an den Forderungen, die für eine erfolgreiche Zertifizierung erfüllt sein müssen, nichts geändert hat. Aber das neue Assessment Sheet sollte sich während des Audits als praxisgerechter erweisen. Endgültigen Aufschluss darüber wird die finale Version in der praktischen Anwendung liefern.